Unverschämte Eskalation des deutschen Staates gegen palästinensische Organisierung in Deutschland!

https://i0.wp.com/www.tagesspiegel.de/berlin/images/palestinians-demonstrate-in-germany-on-the-anniversary-of-nakba-9785/alternates/BASE_21_9_W1000/palestinians-demonstrate-in-germany-on-the-anniversary-of-nakba-9785.jpeg?w=1200&ssl=1

Samidoun Netzwerk zur Verteidigung Palästinensischer Gefangenen verurteilt den kürzlich von der deutschen Innenministerkonferenz veröffentlichten Bericht, der darauf abzielt, palästinensische Gemeinden und Palästina-Solidaritätsarbeit zu unterdrücken und zu kriminalisieren. Wir fordern nicht nur alle Unterstützenden Palästinas, sondern auch alle Verfechter demokratischer Grundrechte auf, jetzt zu handeln, um die Umsetzung dieser Pläne zu hindern, die darauf abzielen, eine der größten palästinensischen Gemeinschaften in Europa zu unterdrücken.

Die besagte Konferenz fand zwischen dem 30. November 2022 und dem 2. Dezember 2022 statt, an der die Innenminister und Innenministerinnen aller 16 Bundesländer teilnahmen. Zwei Arbeitsgruppen wurden von der Konferenz beauftragt, sich speziell mit dem Thema “Handlungsbedarf aufgrund zunehmender antisemitischer und antiisraelischer Hetze vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts” zu befassen. Dabei handelt es sich um die Arbeitsgruppen “Innere Sicherheit” und “Verfassungsschutz”. Mit anderen Worten: Der Staat geht dazu über, die Organisierung von Palästinensern sowie die Palästina-Solidarität explizit zu Kriminalisieren und unterdrücken.

Neben den beiden Arbeitsgruppen haben auch Beamte des Bundeskriminalamtes und “Antisemitismusbeauftragte” an der Erarbeitung des Berichts mitgewirkt, der einen Katalog von Handlungsempfehlungen für die Innenministerien der Bundesländer enthalten soll. Zehn der 16 deutschen Bundesländer waren explizit in der Arbeitsgruppe vertreten.

Es ist wichtig festzustellen, dass viele dieser “Antisemitismusbeauftragten” ihre Zeit damit verbringen, die zionistische Besatzung und Kriegsverbrechen zu fördern und die palästinensische Organisierungs-Arbeit in Deutschland anzugreifen, anstatt sich der Bekämpfung von Faschismus und Nazismus zu widmen, die in Deutschland und in Europa insgesamt auf dem Vormarsch sind. Der Frankfurter Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker beispielsweise fordert häufig die Absage palästinensischer Veranstaltungen und zögert nicht, sich mit israelischen Militärs, die für die Bombardierung des Gazastreifens werben, zu fotografieren.

Nachdem der Berliner Innenminister im Mai 2022 alle Veranstaltungen zum Gedenken an die Nakba, einschließlich der von Samidoun und Palästina Spricht organisierten Veranstaltungen und Märsche, verboten hatte, wird in den von der Konferenz erstellten Dokumenten ausdrücklich dazu aufgerufen, diese beiden Gruppen ins Visier zu nehmen, ebenso wie Kampagnen für Boykott, Desinvestition und Sanktionen gegen “Israel” im Allgemeinen. Dieses Verbot am Nakba-Tag führte zur Gründung einer neuen Koalition zur Verteidigung der demokratischen Rechte, insbesondere der Rechte der betroffenen Gemeinschaften und unterdrückten Gruppen.

Darüber hinaus schlagen die Innenminister eine Reihe von kriminalisierenden und politisch propagandistischen Maßnahmen vor, um den Zionismus zu fördern und palästinensische Organisationen und Perspektiven zu unterdrücken, darunter:

  • Verpflichtung von Lehrern, in deutschen Klassenzimmern ein positives Bild von “Israel” zu vermitteln, und Umsetzung von Bildungsplänen, die die Besatzung positiver darstellen.
  • Weitere Umsetzung der IHRA-Definition von Antisemitismus: eine Definition, deren einziger Zweck die Stigmatisierung und Kriminalisierung von palästinensischem Engagement zu sein scheint. Damit wurden die Berichte, die die Besatzung als Apartheidregime bezeichnen, als “antisemitisch” eingestuft.
  • Förderung der strafrechtlichen Verfolgung von antisemitischen Äußerungen im Sinne der IHRA-Definition.
  • Verbot (und strafrechtliche Verfolgung) des Slogans “Palästina wird vom Fluss bis zum Meer frei sein” und der Karte von ganz Palästina, da sie das “Existenzrecht” der Besatzung in Frage stellen.
  • Schaffung “neuer Rechtsgrundlagen” für die “Verfolgung bisher zulässiger Bemühungen”, die das zionistische Regime in Frage stellen.
  • Das Verbot pro-palästinensischer Vereinigungen und Aktivitäten unter dem Deckmantel der “Bekämpfung des israelbezogenen Antisemitismus”.
  • Förderung von Normalisierungsinitiativen.

Der Bericht nennt 35 staatlich finanzierte Projekte zur “Bekämpfung des israelbezogenen Antisemitismus”, insgesamt 649 Projekte zur Bekämpfung des Antisemitismus, basierend auf der IHRA-Definition, und 138 Projekte, die sich an Schulen, Kinder und Jugendliche richten. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese Projekte speziell auf palästinensische und arabische Kinder abzielen, die in Deutschland aufwachsen, sowie auf eine neue Generation deutscher Jugendlicher, die die Perspektiven junger Menschen auf der ganzen Welt teilen und Zionismus und Rassismus ablehnen.

Um es klar zu sagen: Bei diesem Treffen und seinen Vorschlägen geht es nicht um die Bekämpfung vom Antisemitismus. Wäre dies der Fall, würde man sich stattdessen auf die extreme Rechte konzentrieren, deren Wachstum kürzlich sogar zu einer Reihe von Verhaftungen im Zusammenhang mit einem Neo-Nazi-Putschversuch geführt hat. Stattdessen stehen die Interessen des deutschen Imperialismus, des US-Imperialismus und des zionistischen Projekts in Palästina im Mittelpunkt, und zwar auf Kosten der Palästinenser und Palästinenserinnen in Deutschland und im besetzten Palästina. Anstatt die Verantwortung für den europäischen Faschismus, neonazi- und rechtsextremen Elementen sowie der deutsche Geschichte zu übernehmen, versuchen diese deutschen Politiker stattdessen, die Verantwortung auf Palästinenser, Araber und Deutsche abzuwälzen, die die Rechte des palästinensischen Volkes unterstützen.

Deutschland stimmt in den Vereinten Nationen mit “Nein” bei Resolutionen gegen die Verherrlichung des Nationalsozialismus und sie versucht diese Entscheidung rechtzufertigen, indem es Russland die Schuld gibt. Obwohl Russland – und die gesamte Sowjetunion – im Zweiten Weltkrieg eine der größten Lasten des Nazi-Angriffs trug.

Diese Ereignisse sind nicht unabhängig voneinander. Indem die deutsche Regierung die Definition von Antisemitismus von einer Definition, die die Ideologie, die den Nationalsozialismus und Faschismus motivierte, genau widerspiegelt, zu einer Definition verschiebt, die sich stattdessen auf die Legitimierung der zionistischen Besatzung und des zionistischen Projekts konzentriert (die so genannte “IHRA-Definition”), tut sie das Gegenteil der Übernahme von Verantwortung für die Verbrechen der Nazis. Sie verharmlost diese Gräueltaten und ihr fortdauerndes Erbe, indem sie stattdessen das zionistische Regime feiert und Palästinenser sowie Palästinenserinnen dämonisiert, die ihr Land verteidigen und sich der Kolonisierung widersetzen.

Deutsche Beamte – vor allem in Berlin, einer Stadt mit einer sehr großen palästinensischen Gemeinde und einer aktiven und mobilisierten antiimperialistischen Linken – setzen diese Politik bereits in die Tat um. Mehrere palästinensische Studierende wurden bereits mit Abschiebung und Ausreiseverbot aus Deutschland und Europa bedroht, weil sie an einer legalen Demonstration für Palästina teilgenommen oder diese bei der Polizei angemeldet hatten. Hunderte von Menschen wurden verhaftet oder erhielten Strafzettel, weil sie im Mai 2022 in Berlin der Nakba gedachten. Gegen den palästinensischen Schriftsteller Khaled Barakat wurde ein politisches Verbot verhängt und er wurde wegen seiner politischen Aktivitäten aus Deutschland ausgewiesen. Nur wenige Monate nachdem gegen die Überlebende der Folter, die ehemalige politische Gefangene Rasmea Odeh ein politisches Verbot verhängt und ihr Schengen-Visum widerrufen wurde.

Bei mehreren Gelegenheiten haben deutsche Beamte, darunter vor allem des Innenministeriums und der Einwanderungsbehörde in Berlin, versucht, diese schwerwiegenden repressiven Maßnahmen – diese Krise der demokratischen Meinungsäußerung – mit dem Verweis auf berüchtigte zionistische Propagandawaffen wie NGO Monitor oder mit dem Verweis auf das zionistische Regime, welche das Samidoun Netzwerk als “terroristische Organisation” bezeichnen, zu rechtfertigen. Gleichzeitig geben sich Vertreter des deutschen Außenministeriums in Ramallah schockiert über die Bezeichnung, die mit der selben Grundlage auf palästinensische NGOs im besetzten Palästina angewandt wird, und weisen darauf hin, dass solche Anschuldigungen unbewiesen sind. Es ist klar, dass diese deutschen Beamten zu glauben scheinen, dass Palästinenser in Deutschland noch weniger Rechte haben sollten, sich zu organisieren, sich auszudrücken, zu demonstrieren und für Freiheit zu kämpfen, als diejenigen, die unter militärischer Besatzung leben.

In Wirklichkeit gibt es in Deutschland eine lange Geschichte der antiimperialistischen Organisierungs-Arbeit sowie der Unterstützung für Palästina – und für die klare Erkenntnis, dass beides eng miteinander verbunden ist. Natürlich war die Anerkennung der Rechte der Palästinenser und Palästinenserinnen die offizielle Politik der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Darüber hinaus schlossen sich Deutsche, Menschen aus der ganzen Welt an, um in die palästinensischen Flüchtlingslager im Libanon zu reisen und sich da der palästinensischen Revolution als Freiwillige aller Art anzuschließen. Sie waren dabei, von der medizinischen Unterstützung bis zum bewaffneten Kampf, beteiligt. Auf der Ebene der Volksbewegung fanden in ganz Deutschland Kampagnen zum Boykott der zionisitschen Besatzung und zur Unterstützung des palästinensischen Widerstands – einschließlich des bewaffneten Kampfes – als fester Bestandteil der antiimperialistischen Organisierung statt, wobei es immer wieder zu Konfrontationen mit der Regierung der Bundesrepublik Deutschland kam. Der Versuch, die zionistische Besatzung durch eine angeblich “antideutsche” Ideologie “links zu waschen”, die in Wirklichkeit die deutsche und US-amerikanische Außenpolitik widerspiegelt, folgt weitgehend der deutschen Wiedervereinigung: Sie fördert den Imperialismus, anstatt ihn zu bekämpfen.

Die palästinensische und arabische Gemeinschaft ist in den letzten zehn Jahren in Deutschland erheblich gewachsen, obwohl sie zu einer bereits bedeutenden Gemeinschaft gehört, die in der Bundesrepublik Deutschland mehrere Repressionswellen erlebt hat, von der groß angelegten Abschiebung palästinensischer Studierende in den 1970er Jahren bis hin zu den ausdrücklichen Beschränkungen für Palästinenser und Palästinenserinnen aus dem Libanon, die nach Deutschland einwandern oder Asyl beantragen wollen. In vielerlei Hinsicht sind diese Vorschläge zwar bedrohlich, aber auch eine Anerkennung der wachsenden Macht und der stärkeren Bündnisse dieser Gemeinschaft, da Zehntausende wiederholt auf die Straße gegangen sind, um für die Befreiung Palästinas zu demonstrieren, vom Fluss bis zum Meer.

https://www.instagram.com/reel/ChR2aJkDQ-E/

Von juristischen Kämpfen wie denen des Palästina-Komitees Stuttgart, das sich das Recht auf einen Platz und Bankkonto gesichert hat. Über den Kampf von Khaled Barakat, der sein politisches Verbot für unrechtmäßig erklärt hat. Bis hin zur Basisorganisation, die die überwiegend jungen und palästinensischen Genossen und Genossinnen von Samidoun Deutschland täglich auf der Straße betreiben, von Massendemonstrationen bis hin zu Plakatierungen des Images der Anführer und Kämpfer des palästinensischen Widerstands haben die unterstützenden Kräfte Palästinas und des Antiimperialismus in Deutschland nie aufgehört, sich zu wehren, und werden sich auch durch diese jüngste Bedrohung nicht unterkriegen lassen.

Die Internationale Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (IVDJ) hat auf ihrer Tagung im Dezember 2022 eine Resolution verabschiedet, in der sie feststellt, dass “die IVDJ diese Maßnahmen zur Unterdrückung von Meinungsäußerungen über Palästina als eine Form der deutschen und europäischen Komplizenschaft mit der andauernden israelischen Kolonisierung, Apartheid und Besatzung in Palästina, einschließlich der andauernden Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.”

Der Kampf für die Befreiung Palästinas ist ein Kampf gegen den Imperialismus, den Zionismus und die reaktionären Agenten, die in ihrem Auftrag handeln. Im besetzten Palästina sehen wir die politischen Bekenungen zu offenkundig faschistischen Persönlichkeiten wie Bezalel Smotrich und Itmar Ben Gvir als einen weiteren Versuch, das palästinensische Volk einzuschüchtern, das seit 75 Jahren Nakba, mehr als 100 Jahren Kolonisierung gezeigt hat, dass es sich niemals einschüchtern oder besiegen lassen wird. Die wachsende Macht des palästinensischen Widerstands und Befreiungskampfes – einschließlich der zunehmenden Beteiligung, Sichtbarkeit und Aktionen der Palästinenser und Palästinenserinnen im Exil und in der Diaspora auf der ganzen Welt – löst in den Zentren des Imperialismus und Zionismus Alarm aus. Diesen Drohungen deutscher Regierungsteilnehmender muss mit mehr Organisierungs-Arbeit, mehr Aktionen und mehr Widerstand begegnet werden, und mit einer klaren Botschaft von allen, denen die Menschenwürde, demokratische Rechte und die Ablehnung des Kolonialismus wichtig sind: Wir stehen gemeinsam gegen Kriminalisierung und Unterdrückung und gemeinsam kämpfen – bis Palästina vom Fluss bis zum Meer frei ist.